Samstag, 25. Januar 2014

Wer braucht schon einen Engel

Unter dem Titel "Wer braucht schon einen Engel" präsentierten Bernhard Biller und Alexander Fabisch von der Theaterkompanie Leipzig ein Programm rund um das Thema Engel.

Die beiden Schauspieler betraten im Schein ihrer Taschenlampen den völlig dunklen Saal des Gemeindezentrums; eingespielte Geräusche von splitterndem Glas ließen auf einen Einbruch schließen. Kunstsammler (oder Kunsträuber?) Michael Müller (Bernhard Biller) war auf der Suche nach nicht mehr benötigten Engelsbildern, sein persönlicher Engel (Alexander Fabisch) folgte ihm als sein Schatten.

Engel sind von vielen Künstlern thematisiert worden, von Malern, wie den berühmten Italienern der Renaissancezeit (unter ihnen Raffael mit den Engeln in seiner berühmten Sixtinischen Madonna), ebenso wie von Dichtern wie Rilke und Grass oder von Musikern wie Bob Dylan oder den Phudys. Andererseits sind Engel durch die Verwendung in Werbung und Alltagsschmuck und durch ihre oft kitschige Gestaltung etwas in Misskredit geraten. Und so war, als der Kunstsammler ins Publikum fragte: "Und wie sieht's bei Ihnen aus – haben Sie Engel?", mancher geneigt, darauf mit "Nein" zu antworten. Als aber gleich darauf Müllers Schatten hinzufügte: "Sagen Sie dem nichts, der klaut Ihnen auch Ihren Weihnachtsschmuck", war wohl jedem spätestens an der Stelle wieder klar: spätestens Weihnachten hat wohl jeder den einen oder anderen Engel zu Hause.

Biller und Fabisch hatten ihr Programm zusammengesetzt aus einer ganzen Reihe von Texten aus Literatur und Musik, die jedoch nicht einfach so rezitert wurden. So plauderten sie teilweise scheinbar belanglos (und dennoch fachkundig: "zum Beispiel ist dieser Engel von Chagall. Erkennbar an der überwiegend blauen Farbe und dem typischen russischen Dorf am oberen Bildrand") über ein Bild, und bauten dann unversehends den Text eines Gedichtes oder ein Prosastück in ihr Programm ein.

Der Reiz des Programms bestand darin, daß die Texte durch die Verteilung auf die beiden Personen gleichsam neu zusammengesetzt wurden und sich dadurch zu einem zu einem Theaterstück zusammenfügten. Das eigentliche Thema fand, wenn auch durch die Wahl der Texte immer präsent, dennoch eher im Hintergrund statt, als Kette von Gedanken, die durch die Anordnung der Texte bei den Zuhörern assoziiert wurden.

Das Programm klang wie dessen Beginn im Dunkeln aus, als Biller und Fabisch hinter einer rückseitig rot angestrahlten Leinwand agierten und ihre Hände und Körper zu einem geheimnisvollen Schattenspiel wurden.

Alexander Fabisch
Bernhard Biller

(Text + Foto: Thoralf Winkler)